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Persönlich
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Ganz nah und persönlich

 

Vor ein paar Jahren bin ich umgezogen. Eigentlich ist es, als wäre es gestern gewesen. Eingefroren in der Zeit. So fühle ich mich jedenfalls. Aber es erschien mir zu diesem Zeitpunkt eine gute Idee zu sein. Es hatte einen Tod in der Familie gegeben und es schien Zeit für eine Veränderung. Zeit für einen Neuanfang.

Aber ein alter Hund lernt keine neuen Tricks. Es hat nicht funktioniert. Es fing nichts Neues an. Es ging sehr viel Altes zu ende. Manches davon war aber gut für mich gewesen, vielleicht sogar mein Lebensanker. Ich verlor den Kontakt zu meinem sozialen Umfeld, zu meinen Freunden und Verwandten, selbst denen, die mir nahe standen. Ich wurde depressiv. Ich konnte nicht mehr arbeiten, keinen klaren Gedanken fassen.

Es war nicht das erste Mal, dass das Schicksal mir einen Streich spielte. Wie viele andere leistete ich nach der Schule meinen Wehrdienst ab. Danach wollte ich studieren. Die Zukunft erschien mir rosig. Bis ich meinen Magister machen wollte. Ich wurde krank, sehr krank. Man sagte mir, es sei chronisch und unheilbar, eine Autoimmunerkrankung. Später nannten sie es Barrierestörung. Und ich erfuhr, das möglicherweise der Kontakt mit Glyphosat oder Mikroplastik dafür verantwortlich sei. Seit den 80ern gab es eine regelrechte Explosion von Autoimmunerkrankungen. Ihr könnt euch denken, wie ich mich dabei fühlte.

Ich ging nach draußen, ging spazieren und versuchte, in der Natur einen klaren Kopf zu bekommen.

Alles was ich sah waren menschliche Hinterlassenschaften. Du willst raus ins Grüne und findest eine Müllkippe vor. Ich wollte etwas dagegen unternehmen. Ein ganz spontaner Gedanke. Leichter gesagt als getan. Aber so ist es doch immer. Du bist allein. Wo fängst du an?

Ich habe mit eine Allradfahrzeug besorgt. War sowieso ein persönlicher Traum von mir. Und war ja für einen guten Zweck. Das redete ich mir zumindest ein. Aber ich hatte wirklich die Absicht, etwas Gutes zu tun. Den ganzen Dreck einsammeln und wegfahren. Das wäre ein Anfang. Aber ich war nicht ganz bei Verstand. Ich war depressiv. Ich war nicht in der Lage, Kontakt zu Außenwelt aufzunehmen. Aber das wäre nötig gewesen. Wohin mit dem ganzen Müll, wenn er nicht an der richtigen Stelle gesammelt und recycelt wird? Und dann der Kontakt mit offiziellen Stellen, mit Förster und den Abfallbetrieben. Ich war überfordert.

Also geschah nichts. Weil ich allein war. Weil ich mit niemandem sprach. Jedenfalls bis jetzt nicht. Dann kam Corona und alles wurde schlimmer. So kam es mir zumindest vor. Ich fühlte mich wie in einem Gefängnis, besonders während der Lockdowns. Dieses Gefängnis hatte ich mir selber gebaut. Aber es hat auch etwas gutes: Isolation gibt dir die Zeit nachzudenken.

Ich will mich befreien. Dafür muss ich die Hand ausstrecken. Das tue ich mit diesen Zeilen. Ich hoffe es klappt. Zusammen können wir noch viel bewirken. Und es gibt so viel zu tun. Vielleicht zieht es mich deshalb hinaus aufs Meer. Ich suche die Freiheit und Ziel für einen guten Zweck. Einen Grund zu leben. Ich hoffe, Ihr könnt mich verstehen.

 

PS: Gerade sah ich die Werbung des BKK. Nach dem Flutdesaster im Ahrtal erschien mir der comicartige Stil in der Form einer schlechten Kopie von 'Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen' wie ein Hohn, ein schlechter Witz auf Kosten der Betroffenen. Das ist also der Zustand unseres Landes. Wir müssen unsere Probleme wirklich in die eigene Hand nehmen. Auf den Staat ist kein Verlass mehr.

 

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